High Five,
Diese Woche hatte ich etwas Zeit und habe mich um neue Anfragen für Hotel Matze gekümmert. Ich habe 28 Anfragen an hoffentlich zukünftige Gäste gestellt, davon war die Hälfte „Wiedervorlagen“ – also an Menschen, mit denen ich schon einmal Kontakt hatte. Einigen Managements schreibe ich schon seit über fünf Jahren – manche antworten, manche nicht. Von diesen knapp dreißig Anfragen habe ich nach vier Tagen dreieinhalb Zusagen bekommen. Gar nicht mal so viel, oder?
Warum teile ich das hier? Weil mir immer wieder zwei Annahmen begegnen, die sich vom Podcast auf andere Bereiche übertragen lassen.
Die erste ist die Annahme, dass ab einem bestimmten Level alles von selbst läuft. Man denkt, dass es bei etablierten Produkten, Podcasts oder Prominenten einfach flutscht. Ein Satz, den ich oft höre, ist: „Bei dir stehen die Gäste doch bestimmt Schlange.“ Aber das stimmt überhaupt nicht. Ich muss mich oft dafür anstrengen, dass die, die ich haben will, auch kommen — und ich finde das gut. Ich mag diese Sisyphusarbeit, weil es umso schöner ist, wenn der Stein nach Ewigkeiten doch mal für einen Moment oben liegen bleibt und zum Beispiel Markus Lanz oder Hape Kerkeling nach vielen Jahren zusagen. Wahrscheinlich habe ich gerade deshalb noch so viel Freude daran: Weil es manchmal so mühsam ist.
Das Zweite ist, dass viele gar nicht erst mit einem Projekt starten, weil sie denken, sie könnten sowieso nie so erfolgreich werden wie XY, dass sie also nie an den Punkt kommen, an dem es „einfach läuft“.
Die schlechte und die gute Nachricht der Woche ist: Es läuft nicht — zumindest nicht von selbst. Also setz dich ruhig in Bewegung. Wir treffen uns am Berg.
AUS DEM HOTEL
In den letzten Monaten wurde so viel über Migration gesprochen, doch oft hatte ich das Gefühl, dass kaum mit den Betroffenen selbst gesprochen wurde. Ich freue mich, dass Tahsim Durgun ins Hotel eingecheckt hat, um mit mir über sein Leben, über Migration und seine Wünsche an Friedrich Merz zu sprechen.
Am Sonntag gibt es einen Check-In mit Politökonomin Maja Göpel, mit der ich einmal über das politische Weltgeschehen fliege. Meine Frage, ob denn alle (die da oben) verrückt geworden sind, hat sie gut beantwortet und mich damit etwas beruhigt.
MEINE HIGH FIVES! DER WOCHE
1. Eine Einsamkeit
Mein Freund Philip Siefer bescheinigt mir einen besonderen Riecher für Talente – offenbar erkenne ich ganz gut, wenn jemand „das gewisse Etwas“ hat. Natürlich freue ich mich über diese Einschätzung, denn ich trinke gelegentlich gern aus dem „Ich habe es euch doch gesagt“-Glas. Und genau hier kommt Anton Weil ins Spiel. Sein Debütroman Super einsam ist großartig. Er erzählt die Geschichte von Vito, der mit einem gewaltigen Kater und einer tiefen Einsamkeit erwacht. Es geht um erste und letzte Male, um Alkohol, Tod, Panikattacken vor dem Kondomautomaten (Hallo Philip!), Geisterfahrten und Küsse. Beim Lesen steckt man in Vitos Kopf – und erinnert sich an Herr Lehmann von Sven Regener. Nur ist Vito der Lehmann der Jetztzeit und Anton Weil der Star von Morgen.
2. Eine Band
Vor ganz vielen Jahren sollte die Band Parcels mal auf einem Picknick von Mit Vergnügen spielen. Es gab nur ein paar Demos von ihnen, mehr nicht. Sie kamen ganz verpeilt an, hatten teilweise ihre Instrumente vergessen und konnten am Ende deswegen nicht auftreten. Ich fand sie aber so sympathisch, dass ich keine Sekunde sauer war. Jedesmal, wenn neue Musik dieser Band rauskommt, denke ich an diesen Nachmittag und freue mich, denn mittlerweile sind sie so groß und bekannt, dass sie
Menschen um sich haben, die sich um die Instrumente kümmern. Ihre neue Platte kommt im Herbst, der neue Song Safeandsound gefällt mir. Ihr solltet sie unbedingt live erleben.
3. Eine Schlafbrille
Meine Frau Stephanie kam neulich mit einer neuen Schlafbrille nach Hause. Die Schlafmaske von Bearaby ist wie eine leichte Gewichtsdecke für die Augen. Erst dachte ich, dass das doch blöd ist, weil da was “schweres” auf dem Gesicht liegt. Aber man schläft darunter ganz wunderbar und entspannt.
4. Eine Sternstunde
Ihr wisst ja, dass ich Sternstunde Philosophie liebe. Queen Barbara Bleisch hat sich in einer der letzten Folgen mit Juli Zeh über Demokratie unterhalten. Diese Begegnung ist wirklich hörenswert, weil Julis nüchterne Sachlichkeit auf die Weltlage manchmal regelrecht Schmerzen verursacht (und das merkt man auch an Barbaras Reaktionen), dennoch fühlt sich dieser Schmerz besser an, als dieses ständige “Es ist alles so furchtbar”, was Juli Zeh sogar als narzisstisch bezeichnet. Der Kernsatz in dieser Folge ist für mich: “Es geht nicht um Gut und Böse, sondern darum, Frieden zu wahren.” Juli checkt demnächst übrigens auch wieder im Hotel ein.
5. Ein Zitat
„Wir sind daran gewöhnt, die Welt zu verlieren: Das ist unsere Form, in ihr zu leben.“ — Eva von Redecker
✌🏻
Ich wünsche Euch ein super geselliges Wochenende.
Euer Matze
Lieber Matze, der „es läuft nicht“ Newsletter war einer der lesenswertesten seiner Art! Von dem Thema, dass alle denken, es käme ab einem gewissen Punkt „von selbst“, über die Buchempfehlungen und zu Juli Zeh! Super hörenswert. Danke, dass du bei deinem Podcast und Newsletter bleibst und nicht nach deiner Auszeit etwas ganz neues startest!
danke für die Empfehlung der Schlafmaske