High Five,
Kurz vor Ferienanfang hatte ich mir ein bisschen Sorgen um uns gemacht, denn ich konnte es wirklich kaum erwarten, das Hotel, die Stadt und auch das Land zu verlassen. Ich fragte mich, wie es denn sein kann, dass ich - der ja wirklich liebt, was er so macht - mich so sehr in die Ferne sehne.
Wir sind in die Berge nach Südtirol gefahren. Ich brauchte einige Tage, um wirklich zu wissen, wie es mir gerade geht und warum ich so dringend weg wollte. In meiner Arbeit geht es um Nähe (je näher ich meinem Gegenüber komme, desto besser). Doch ich selbst brauche die Weite, brauche Berge, das Meer und einen freies Sichtfeld, um zu mir zu kommen.
Wenn man etwas macht, das man liebt, dann fällt die Trennung oft schwer. Man fragt sich: Was bin ich, was ist meine Arbeit, wo verläuft die Grenze? Gerade im letzten Jahr bin ich immer mehr “Hotel Matze” geworden. Anfangs habe ich mich natürlich gefreut, aber dann wollte ich auch mal wieder nur Matze oder gar Mathias sein. In diesem Sommer habe ich gelernt, dass meine Grenze zwischen nah und fern verläuft und ich beides brauche. Ich war die Monate zuvor einfach zu weit weg von mir selbst.
Seit dieser Woche bin ich nun wieder Hotelier und unter die Erholung hat sich auch wieder etwas Aufregung und damit auch eine Erleichterung gemischt. Ich freue mich auf die Nähe und auf High Fives! am Ende der Woche.
AUS DEM HOTEL
Der Soziologe Steffen Mau war da. Er ist gerade der Soziologe der Stunde, weil kaum jemand die ostdeutsche Identität so sachlich erklären kann. Und genau das hat er im Hotel getan. Es war sehr erhellend und viel emotionaler als ich annahm.
Am Sonntag gibt es wieder den Check-In mit Philip Siefer.
MEINE HIGH FIVES! DES SOMMERS
1. Ein Kleinod
Im Ottmangut in Meran habe ich den Unterschied zwischen Geschmack und Konzept verstanden. Viele Hotels - gerade die größeren oder auch die Ketten - haben ein Konzept. Man sieht manchmal förmlich die Moodboards der Architekten, wenn man die Lobby betritt. In diesen Hotels kann man es sehr gut haben, weil alles schön praktisch ist, keine Frage, aber verlieben fällt halt schwer. Anders ist es im Ottmangut in Meran, dort zieht sich der Geschmack der Familie Kirchlechner durch jedes Detail. Man möchte den ganzen Tag entweder einen Roman lesen oder selbst einen schreiben. Es gibt 11 (!) Zimmer, alle sind individuell eingerichtet. Gefrühstückt wird extraordinär unter Palmen im Garten, man beobachtet die Schildkröten, kommt ins Gespräch mit anderen Gästen und am Ende freut man sich, dass es keinen Pool gibt, denn sonst gäbe es gar keinen Grund diesen Ort wieder zu verlassen.
2. Eine Lieblingsstadt
Apropos verlieben: Ich habe mich wieder in München verliebt und überlegt, dorthin zu ziehen. Gerade wurde sie vom Monocle Magazin zur lebenswertesten Stadt gekürt. Ich gebe der Jury recht, bleibe aber vorerst (!) in Berlin. Wer in nächster Zeit in München ist, sollte sich die Andy Warhol und Keith Harrington Ausstellung im Museum Brandhorst ansehen und morgens zum Best of Album von The Killers an der Isar joggen.
3. Ein paar Bücher
Ferienzeit ist Buchzeit. Im Museumsshop vom Brandhorst habe ich mir die gewaltige Andy Warhol Biografie von Blake Gopnik gekauft. Die knapp 1200 Seiten habe ich noch nicht ganz geschafft, dennoch konnte viel über den Alltag dieses großen Künstlers erfahren. Hängen geblieben ist, wie viel er arbeitete, wie wenig es ihm darum ging, dass er seine Kunst selbst ausführte und welche Kraft in der Wiederholung steckt. Außerdem habe ich von Steffen Mau „Ungleich vereint - Warum der Osten anders bleibt“ gelesen, welches, passend zum Beruf eines Soziologen, sehr sachlich den Osten erklärt. Etwas verstört hat mich „Yellowface“ von Rebecca F. Kuang, weil die Charaktere allesamt irgendwie genervt haben, doch die Geschichte und das Thema so fesselnd waren, dass ich nicht aufhören konnte es zu hören. Begeistert und voller Fragen hat mich Barbara Bleischs „Die Mitte des Lebens“ zurückgelassen - unser Gespräch im Podcast solltet ihr nicht verpassen. Gerade habe ich „Gezeiten der Stadt“ von Kirsty Bell angefangen. Meine Freundin Pia hat mir versprochen, dass ich dann verstehe, warum mich Berlin gerade nervt. Ich werde euch berichten.
4. Eine Radtour
Mein bester Freund David und ich sind an die Ostsee mit dem Fahrrad gefahren. Ich habe lange keine Radtour gemacht und fragte mich warum. Radtouren sind toll. Die Strecke Waren - Güstrow - Ahrenshoop ist fantastisch und die Mecklenburger Seenplatte hügeliger als wir dachten. Nächstes Jahr wollen wir von Rostock nach Kopenhagen mit dem Rad. Weitere Tipps sind in den Kommentaren willkommen.
5. Ein Zitat
”The wide world is all about you: you can fence yourselves in, but you cannot for ever fence it out.” ―J.R.R. Tolkien
✌🏻
Ich wünsche Euch ein tolles Wochenende.
Euer Matze
Als eidgenössisch diplomierter Hotelier würde ich Dich in Lausanne gerne zum Ehrendoktor in Hotellerie vorschlagen! Vielen Dank für „Deine Arbeit“ - the world’s a better place.
Lieber Matze, wie schön, dass Du wieder da bist! Wenn Dir das Hotel in Meran so gefallen hat, dann empfehle ich dir Schloss Plars in Algund - mit Pool ☺️😉