High Five,
Könnt ihr Euch noch daran erinnern, wie Ihr als Kind versucht habt, einen Ball so hoch wie möglich zu werfen?
Letzte Woche traf ich einen alten Freund. Er ist Musiker, hat mehrere Alben veröffentlicht, aber ist nie so richtig durchgestartet. Manchmal spielt er auf Hochzeiten, gibt Unterricht - und obwohl seine Leidenschaft für Musik ungebrochen ist, hatte er seinen Traum, von der eigenen Musik leben zu können, vor Jahren in die Schublade gelegt.
Zwischenzeitlich war er darüber richtig frustriert, doch etwas hat sich in den letzten Monaten verändert. Mein Freund erzählte, dass ein gemeinsamer Bekannter ihn beschwor, es noch einmal zu versuchen. Der Bekannte sagte: „Stell dir vor, du bist ein Kind und du versuchst einfach, deinen Ball so hoch wie möglich zu werfen.“
Was für ein schönes Bild, oder?
Bei meinem Freund hat es gewirkt. Er schreibt wieder eigene Songs, probiert sich aus und sagt Möglichkeiten zu, die er sich früher nicht zugetraut hätte. Er steht quasi vor dem Haus und versucht seinen Ball - die Musik - so hoch wie möglich zu werfen.
Oft sind wir zu verkopft bei den Dingen, die wir unbedingt wollen, sodass wir gar nicht erst versuchen, alles zu geben. Uns fehlt der Abstand, das Kind in uns und dann ist da noch die Angst, was passieren könnte, wenn man alles gibt, dass man trotzdem damit scheitert. Als Kind gab es diese Angst nicht. Der Ball flog hoch und man selbst war erstaunt, wie hoch. Und alle anderen waren es auch.
Also, was auch immer Euer Ball ist, geht nach draußen und werft ihn hoch.
AUS DEM HOTEL
Diese Woche war die Köchin, Autorin und Aktivistin und Sophia Hoffmann da. Ich habe mit ihr über den Umgang von sexuellem Missbrauch, über Täter und Opfer und Scham gesprochen. Sophia hatte meine Folge mit Thilo Mischke kritisiert, wir haben daraufhin telefoniert und uns nun im Hotel verabredet. Es war kein leichtes Thema aber ein gutes Gespräch.
MEINE HIGH FIVES DER WOCHE
1. Eine Dokumentation
Es gibt eine neue Doku aus dem Kliemannsland. In "Road to BRUNO" machen sich Fynn Kliemann und sein Freund Brian Jakubowski auf die Suche nach der verlorenen Kindheit. Sie haben sich mit einer umgebauten, in die Jahre gekommene Stretch-Limousine auf eine Reise nach Italien gemacht. Dort lebt ihr Vorbild Bruno Ferrin, der einen riesigen Vergnügungspark betreibt und weiß, wie man mit 80 Jahren noch Kind bleibt. Sechs Folgen wird es geben. “Die Serie erzählt die aufregende Reise zu einem unkonventionellen Vorbild und der Suche nach Antworten. Ein Roadtrip voller ehrlicher Selbstreflexion, spannender Begegnungen und inspirierender Geschichten.”
2. Ein Lexikon
Ich habe bei meinem letzten Ausflug in die Natur festgestellt, dass ich überhaupt keine Ahnung habe wie das, was mich dort umgibt, heißt. Ist das eine Amsel? Eine Lerche? Und was für ein Gewächs ist das hier schon wieder?
Ein Hörer hat mir das Buch “Tönende Tiere” von Dominik Eulberg und Matthias Garff empfohlen. Dieses Buch widmet sich 52 Tierarten der heimischen Fauna und es macht so viel Freude. Es ist erst einmal wunderschön gestaltet, man entdeckt darin Nachtigall-Grashüpfer, Lachmöwen und Goldammer und will sofort wieder raus und versuchen, die Freunde beim Namen zu nennen.
3. Ein Archiv
Ein ernstes Thema, was an den Podcast mit Sophia Hoffmann anschließt: Kim Hoss und Lise van Wersch haben The Sirens Collective gegründet - eine Art Online-Forum, in dem Erfahrungen von Opfern meist sexualisierter Gewalt gesammelt und archiviert werden. Sie wollen zeigen, wie groß das Problem ist. Und wie groß es ist, lässt sich in den (Stand heute) 4910 Einträgen nachlesen.
4. Eine Vorfreude
Ich befinde mich gerade im Wim Wenders Rabbit Hole und schaffe wenig anderes zu sehen. Wenn ich wieder auftauche, geht es mit der dritten Staffel von Morning Show weiter, ich werde mir Neo Ragazzi von Sophia Passmann und Tommi Schmitt ansehen und natürlich den Merz gegen Merz Spielfilm. Aber bis dahin gibt es noch ein ganzes Universum auszugraben.
5. Ein Zitat
“Es ist so einfach, eine kritische Distanz zu etwas zu entwickeln. Viel schwerer ist es, zu etwas zu stehen.” - Wim Wenders
✌🏻
Nächste Woche bin ich in den Bergen, darum wird es vermutlich keinen Newsletter geben. Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende.
Euer Matze
Danke, lieber Matze, für diese inspirierenden, erbaulichen Newsletters, ich lese sie jedesmal wieder so gerne und finde immer etwas interessantes für mich, ein Film, eine Serie, ein schönes Zitat, eine schöne Geschichte die mich zum Nachdenken bringt. Damke auch für Deine Podcasts, für Deine Kartendecks und Deine Tipps für Berlin. Obwohl ich in Genf wohne und nicht immer den Bezug zu allem Inhalt habe bin ich uneingeschränkter Fan!
Liebes Matze :)...ich lese deinen Newsletter, weil er nicht gefüllt mit Phrasen und wenig Unechtem ist. Die diesmalige Überschrift leider schon :(
Deine Geschichte ist schön und ermutigend, aber der Prozess deines Freundes lässt sich nicht mit "versuch´s einfach" abkürzen; mir persönlich ist das zu eindimensional für das Thema Schaffensprozess...vll. beschreibt es ein "versuch´s ruhig nochmal" besser ? :) LG